06.03.2021

Susanne Eisenmann im SPIEGEL – Oder: Der Schuss, der erst gar nicht im Tor ankommt.

Also: Eine Woche vor der Landtagswahl ein Interview im SPIEGEL. Das ist schon ein Geschenk. Das man als Polit-Profi nutzen sollte. Um den Lesern und Wählern nochmal klar zu machen, wofür man steht, was man verändern will, was man gestalten möchte.

Ein Interview im SPIEGEL eine Woche vor der Wahl, das ist: Ein Ball, der auf dem Eltmeterpunkt liegt. Und dem Gegner sind zugleich Hände und Füsse gefesselt. So ein Ball muss einfach drin sein. Erst recht, wenn es in den Umfragen Spitz auf Knopf steht, oder man sogar noch etwas zu weit von Spitz auf Knopf entfernt ist. Da ist ein SPIEGEL-Interview eine Pflicht, die man zur Kür verwandeln sollte.

Wovon ich rede? Von Susanne Eisenmann, die in Stuttgart antritt, um den gefühlt ewigen Kretschmann vom Thron in der Villa Reitzenstein zu stoßen. Und was macht sie aus dem Ball auf dem Elfmeterpunkt? Sie schiesst nicht mal kraftvoll über das Tor hinaus, sondern tritt rhetorisch so ungeschickt, dass der Ball noch vor der Torlinie auskullert.

In Worten: Es gelingt ihr, in dem gesamten Interview nicht einen (!) einzigen (!) Satz (!) zu (!) ihrem (!) Programm (!) zu sagen. Die meiste Zeit verwendet sie darauf, über die Grünen zu sprechen. Ihre politische Alternative? Fehlanzeige! Ihr Programm? Kein Wort dazu!

Sie spricht beinahe in jedem Satz über das Programm der Grünen. Reibt sich auf an Kretschmann. Sie erledigt damit den Job des Gegners. Bringt den in die Medien, statt sich selbst. Da braucht Kretschmann selbst kein Interview im SPIEGEL, wenn die Frau Eisenmann den Job gleich auch noch erledigt.

Und Susanne Eisenmann schafft es sogar noch, dass das Interview eine der unsinnigsten Überschriften bekommt: „Beliebtheit allein ist kein Zukunftsmodell“ steht über dem Text. Und unter einem Bild von ihr selbst. Alles klar? Dass sie mit ihrer Aussage Kretschmann meint – das weiß nur der, der bis zum Ende liest. Alle anderen schreiben den Inhalt erst mal der Frau zu, die auf dem Bild darüber zu sehen ist: Susanne Eisenmann.

Merke: Wenn man halt unaufhörlich über andere spricht statt über sich, dann kann sowas passieren.

Ich höre, wie so oft nach solchen Interviews, den Hilferuf: Aber die haben mich doch gar nicht nach meinem Programm gefragt! Eben! Das sind ja Journalisten. Und keine Frag-O-Maten. Die machen IHREN Job. Also musst Du DEINEN machen.

Genau das ist ja die Kunst des Interviews: Wenn der Ball auf dem Elfmeterpunkt liegt, setzt sich der Torwart des Gegners ja auch nicht auf die Bank. In dem Moment zählen allein Strategie, Taktik, Erfahrung, Vorbereitung und Professionalität. Es gewinnt der Bessere. Das war in diesem Fall der SPIEGEL. Mal sehen, ob es am Ende Kretschmann ist. Wenn, dann hat Frau Eisenmann mit diesem verpassten Interview eine Menge dazu beigetragen. Ihre Abgeordneten werden es ihr danken.

Nota bene: Ein Interview ist eben doch etwas anderes, als einfach nur Fragen zu beantworten. Kann man lernen: markus-resch.de

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