02.03.2023

Der Neue! Boris Pistorius im SPIEGEL-Interview

Ich werde ja immer wieder mal nach Beispielen für ein wirklich gelungenes Interview gefragt. Um ein solches Beispiel zu liefern, muss man sich erstmal klar machen, was überhaupt ein gutes Interview ist.

Die wichtigste Regel: Ein gutes Interview findet nicht dann statt, wenn zufällig mal ein Journalist anruft. Sondern ein gutes Interview findet dann statt, wenn die Interviewpartnerin das will. Ein gutes Interview ist also keine Opportunität. Sondern ein klarer strategisch herbeigeführter Anlass. Ich habe was zu sagen! Sonst muss ich kein Interview geben.

Wenn das schon mal klar ist, dann ist auch klar, dass ein gutes Interview nicht von den Fragen abhängig sein kann. Wie oft habe ich in meinem Journalistenleben NACH einem Interview von meinem Interviewpartnern gehört: „Ach, ich hätte noch so spannende Sachen zu erzählen gehabt, danach haben Sie mich gar nicht gefragt.“ Mein Gott! Woher soll ich das denn wissen? Ein guter Interviewpartner muss seine Messages schon selbst erzählen. Und zwar so, dass sie trotzdem zu den Fragen passen.

Damit kommen wir in den Bereich absoluter Professionalität. Das muss man können und beherrschen (zwei verschiedene Dinge). Und dafür braucht man für das Interview ein klares Ziel. Das hat die Journalistin im besten Fall ja auch. Warum soll ich ihrem Ziel folgen? Dann doch lieber meinem eigenen.

Und das sind im besten Fall drei klare Botschaften. Eine zum eigentlichen Thema, eine zur persönlichen Positionierung und eine mit visionärem Touch (immer wichtig). Und wenn diese Botschaften dann, wie im Interview des Spiegel mit Boris Pistorius, auch noch in der Überschrift und in den beiden fettgedruckten Zwischenüberschriften auftauchen – dann hat man es geschafft.

Dann hat der neue Verteidiungsminister im Kampf ums Storytelling (nichts anderes ist ein Interview: wird’s die Geschichte der Journalisten oder die der Interviewpartner?) die richtigen Botschaften treffsicher abgefeuert.

Der Rest des Pistorius-Interviews: Breitbeiniges Rumgeeiere wie zu besten Gerhard-Schröder-Zeiten. Das muss diesen Niedersachsen irgendwie im Blut liegen. Egal. Die Messages sitzen. Gut gemacht! Also: Ein gutes Interview!

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